NATURNAHE BIENENHALTUNG
Das Bienensterben ist in aller Munde.
Einflüsse aus der intensiven Landwirtschaft und die Varroamilbe werden hauptsächlich dafür verantwortlich gemacht.
Aber welches sind die Faktoren, die der Imker selbst zur Verbesserung der Lage beeinflussen kann?
Und wie wirken sich diese kurz- und langfristig auf den Zustand der Bienen aus
NATURNAHE BIENENHALTUNG
Ziel –
Die Methode eignet sich optimal, um natürliche Schwärme zu „produzieren“ und damit die Bienenpopulation aufrecht zu erhalten und Produktivvölker zu vermehren. Etwas Honig für Eigengebrauch kann ebenfalls geerntet werden. Sicherung und Unterstützung von Bestäubungsleistung und Arterhaltung in Zeiten, in denen die Natur nicht allein dazu imstande ist (was z.B. aktuell der Fall ist).
Indikatoren –
Hier werden Bienen möglichst naturnah nach dem Vorbild natürlicher Bienenvölker gehalten. Das Zugeben von Volumina ist nur unterhalb des Brutnestes gestattet (kein Aufsetzen von Honigräumen), um eine Honigernte grundsätzlich zu ermöglichen, und die Wachserneuerung zu gewährleisten. Honig darf dann geerntet werden, wenn die Biene mehr produziert, als sie für ihren Eigenbedarf benützt. Es wird weder Wachs noch Futterreserve noch Brut von einem Kasten auf den anderen übertragen. Vermehrt wird über den freien Schwarmtrieb.
VERMEHRUNG
Ausschließlich natürliche Schwärme dienen der Vermehrung. Sowohl Vorschwarm als auch Nachschwarm werden zugelassen. Die Schwärme werden in vollständig neue und leere Beuten einlogiert. Es wird kein Wachs, kein Futter und keine Brut aus anderen Völkern oder dem Muttervolk übernommen, was für den Schwarm einen optimalen Neustart mit geringstmöglicher Belastung bezüglich Viren, Krankheitssporen und Parasiten ergibt.
Das Muttervolk wird sich selbst überlassen, bis es sich Anzahl massig wieder rekonstituiert hat.
Man hört immer wieder von Imkern das Problem, dass man halt nicht ständig neben dem Volk auf den Schwarmabgang warten kann. Aber einerseits kann man den Abgang des Schwarmes in vielen Jahren relativ gut vorausahnen, andererseits gibt es ausgeklügelte Techniken über sogenannte Schwarmfänger, welche an den entsprechenden Schwarmtagen neben dem Stand oder an der Beute direkt montiert werden (in der Regel aus Stoff). Wir haben leider damit noch keine Erfahrungen selbst machen können.
WABENBAU
Die Bienen bauen im Natur Bau/Stabil bau frei nach Lust und Laune. Als Hilfe dienen einzig Wabenträger-Leisten. Ohne Wachsstreifen und ohne Mittelwände. Rähmchen sind nicht notwendig und störend, weil diese entweder nach kurzer Zeit nicht mehr mobil sind oder aber ständig bewegt und gereinigt werden müssen und zusätzlich "totes" Volumen kreieren, welches die Bienen nutzlos bewirtschaften müssen (z.B. beheizen).
Bürki-Imker müssen für die naturnahe Bienenhaltung Wabenrähmchen einsetzen, setzen aber trotzdem auf Natur Bau und verzichten auf Wachsmittelwände. Ansonsten können sie den Bau trieb und die natürlichen Jahresabläufe von oben nach unten und wieder zurück mit dem Ansetzen von Volumen unterhalb des Brutnestes nicht simulieren.
VOLUMENÄNDERUNGEN
Die Beute soll grundsätzlich ein konstantes Volumen haben. Brutnester werden weder eingeengt, noch erweitert. Insbesondere Volumenänderungen mit verbauten Bienenwaben setzen widernatürliche Anreize fürs Bienenvolk.
Das Aufsetzen eines Honigraumes ist nicht zugelassen, weil dieses den Schwarmtrieb indirekt beeinflusst und die natürlichen Abläufe des Bienenvolkes im Jahresverlauf stört.
Möglich sind unverbaute Volumenzugaben unterhalb des Brutnestes. Das ermöglicht vollständig die natürlichen Abläufe im Bienenvolk und das Volumen wird nur benützt, wenn das Volk genügend stark ist und das Volumen auch ausbauen kann. Das Zugeben von Volumen unter dem Brutnest ermöglicht, verglichen mit einem natürlichen Bienenvolk, grundsätzlich eine Honigernte (oben abernten) und das regelmäßige Erneuern des Wabenbaus (unten anfügen).
FÜTTERUNG
Auf Fütterungen und Reizungen wird möglichst verzichtet. Notfütterungen zum Erhalt des Volkes sind zulässig. Optimalerweise wird mit Honig oder mindestens einem Honig-/Zuckergemisch gefüttert.
Da Honig heute zu einem großen prozentualen Anteil Krankheitssporen wie Sauer- und Faulbrut enthält, was bei der Verfütterung Krankheiten in den Völkern auslösen könnte, raten wir, nur kontrollierten Honig zur Verfütterung einzusetzen. Im Fachhandel gibt es z.B. einen Honig Zuckerteig aus kontrolliertem Honig, der entweder hart oder verdünnt mit Wasser als Sirup verfüttert werden kann. Man muss aber berücksichtigen, dass das Verfüttern von Honig unter dem Strich unsinnig ist. Viel eher sollte man sich überlegen, ob man wirklich alle Völker über den Winter bringen will, auch wenn diese unzureichend Honigreserve eingelagert haben. Unsere Vorfahren wie z.B. de Gélieu (1779) (2) liefern dazu interessante Techniken, weil es damals weder Zucker gab noch Honig im Überfluss zur Verfügung stand.
Aktuell ist jedoch, wie vorgängig aufgezeigt, die Honigbilanz von naturnah gehaltenen Völkern negativ, was Fütterungen voraussetzt, wenn man das Volk nicht verlieren will.
Jeder muss selbst entscheiden, wie hart er die natürliche Selektion spielen lassen und wie nachgiebig er füttern will. Ein verlorenes Volk wegen Futtermangel ist ein Schritt vorwärts auf der Achse der natürlichen Bienenevolution, auch wenn der Verlust dem Imker weh tut!
JAHRESVERLAUF
Der Jahresverlauf eines natürlichen Bienenvolkes wird weitestgehend kopiert und übernommen.
Um trotzdem grundsätzlich eine Honigernte zu ermöglichen und um den Waben bau im Muttervolk regelmäßig erneuern zu können, wird von Zeit zu Zeit oben abgeerntet und unten Volumen zugefügt.
ERNTE
Der Lohn für die naturnahe Bienenhaltung besteht eher aus Bienenschwärmen als aus Honig. Aber etwas Honig für den Eigengebrauch ist durchaus von Zeit zu Zeit erntbar. Da die gesamte Honigbilanz aktuell sowieso negativ ist, muss eh zugefüttert werden und ohne Ernte wird auch der Waben bau nicht erneuert, was zu altem Wabenwerk führt. Geerntet wird hier optimalerweise direkt nach dem Abgang des Vorschwarmes im Mai oder im Juni. Das Belassen des Honigs führt zur Rückfütterung und damit zum Verzehr der Reserve durch das Bienenvolk über den Monat Juni.
Eine zweite Ernte ist in der Regel nicht möglich, insbesondere nicht bei ausgeschwärmten Völkern.
VARROABEHANDLUNG
Behandlungen mittels künstlicher Akarizide mit insektizider Nebenwirkung (z.B. Perizin, Checkmite+, etc.) und mittels Ameisen- und Oxalsäure sind nicht zugelassen. Solche Behandlungsmethoden stellen wegen Rückständen im Honig und wegen wissenschaftlich erwiesener Nebenwirkungen keine Lösungsoption dar (22) (16).
Die Brutpause im Muttervolk und die brutlose Zeit im Schwarm unterbrechen den Varroa Vermehrungszyklus in einer für Varroas wichtigen Zeit. Direkt nach dem Ausschwärmen, ist der ideale Moment für eine einfache und gut verträgliche Varroabehandlung mittels z.B. ätherischer Öle (Thymol), weil die Behandlung verdeckelter Brutzellen dank der Brutpause umgangen werden kann. Nach dem Schwärmen befindet sich nur noch ein geringer Anteil an Varroas in verdeckelten Wabenzellen (33). Der Schwarm ist komplett brutlos, im Muttervolk entsteht ein Zeit Fenster ohne verdeckelte Brutzellen, was von den Behandlungsmitteln erheblich weniger Aggressivität erfordert, und die Behandlungszeit bedeutend verkürzt! Eine Behandlung mit Oxalsäure wäre ebenfalls möglich, wir raten aber davon ab. Die Nebenwirkungen sind, wie oben bereits erwähnt, zu stark, um so einen Eingriff nachhaltig verantworten zu können.
Drohnenschnitte sind nicht notwendig und der Eingriff und die damit verbundene Störung fürs Volk ist zu groß.
Bei Bedarf kann eine zweite Thymolbehandlung Ende Sommer durchgeführt werden. Optimalerweise wird mit Thymol 3x2 Wochen behandelt (15). Die Thymolplättchen werden also bereits nach 2 Wochen, und nicht, wie auf der Packungsbeilage von Thymovar beschrieben, erst nach drei Wochen, ausgewechselt.
Jeglicher Behandlungseingriff ist aber einerseits eine Schwächung des Bienenvolkes, andererseits eine Beeinflussung der natürlichen Selektion. Behandlungen sollen nur wenn unbedingt notwendig durchgeführt werden. Vor eine Behandlung ist jeweils der natürliche Milbentotenfall zu messen, um die Notwendigkeit der Behandlung abzuschätzen.
Wer heute hohe Verluste aufgrund geringstmöglicher Behandlungseingriffe verzeichnet, darf stolz sein, weil er den Mut hat, die nachhaltige und natürliche Selektion spielen zu lassen! Und wie bereits vorgängig erklärt, kann man heute durchaus völlig behandlungslos auf mindestens ebenso gute Werte kommen, wie der Durchschnitt aller Schweizer Imker oder diesen sogar übertreffen.
FAZIT/KOMMENTAR
Die naturnahe Bienenhaltung darf als artgerecht und ökologisch bezeichnet werden und ist derzeit die optimale und natürlichste Variante zur Vermehrung von Bienenvölkern. Das sogenannte "Bienensterben" existiert in dieser Betriebsweise längerfristig und breitflächig betrachtet nicht! Der Bestand kann, je nach Beutesystem, jedes Jahr mindestens verdoppelt bis sogar verdreifacht werden.
Der Imker sieht anhand naturnah gehaltener Völker den Zustand seiner umgebenden Landschaft und den Zustand seiner lokalen Bienenrassen. Er lernt viel über die natürliche Lebensweise eines Bienenvolkes und ist in der Folge in der Lage, seine eigenen Eingriffe zur Honiggewinnung und deren Konsequenzen besser beurteilen zu können.
Jeder Imker und jeder Fachexperte sollten irgendwann einmal minimale Erfahrungen mit naturnah gehaltenen Bienenvölkern gemacht haben! Das ändert umgehend ihre Analysen und ihre Schlussfolgerungen, die heute auf der Honigimkerei basieren.
Bienen-Pate-Bremen - Grambker Heerstr. 130a - 28719 Bremen - Tel. 0151-57710601 - eMail: info@bienen-pate-bremen.de